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Praxisfälle

Geschichte Martin

 

Psychosomatische Störungen

Martin ist 10 Jahre alt und besucht die vierte Klasse. Er wird in der Klinik vorgestellt, weil er seit zwei Jahren an immer wiederkehrenden Bauchschmerzen leidet. Die zahlreichen ärztlichen Konsultationen, so auch eine Blinddarmoperation, haben bisher nicht zur Schmerzfreiheit geführt. Da kein somatischer Befund diagnostiziert werden konnte, wurde er in eine Kinderpsychotherapie überwiesen. Martin ist kleingewachsen, schlank und wirkt etwas schüchtern. Seine schulischen Leistungen sind eher mittelmäßig. Seine Bauchschmerzen treten ca. ein- bis zweimal in der Woche auf, sind schwer zu lokalisieren und besserten sich trotz Nahrungsumstellung nicht. Medizinisch wurde keine Diagnose festgestellt. Martin lebt mit seinen Eltern und einem 18-jährigen Bruder zusammen.


Aus: Rosner, Rita (Hrsg.) (2006): Psychotherapieführer Kinder und Jugendliche.  Seelische Störungen und ihre Behandlung. Verlag C.H. Beck oHG.

Geschichte Nadine

 

Angststörungen
Emotionale Störung mit Trennungsangst

Nadine, 6 Jahre alt, weigert sich, in den Kindergarten zu gehen. Am Morgen klagt sie über Übelkeit und Bauchschmerzen. Am Abend hat sie große Mühe, alleine einzuschlafen. Wenn ihre Mutter nicht bei ihr am Bett sitzt, steht sie immer wieder auf. Nachts wacht sie mehrmals in der Woche auf, weil sie schlecht geträumt hat, und wechselt dann ins Bett der Eltern. Sie träumt immer wieder davon, dass ihre Eltern einen Unfall haben oder sterben. Auch tagsüber denkt sie oft daran, dass ihrer Mutter etwas Schlimmes passieren könnte, wenn sie aus dem Haus geht. Die Mutter kann nirgendwo mehr hingehen, ohne Nadine mitzunehmen. Wenn die Mutter ausgehen möchte, schreit und weint Nadine, sie klammert sich an ihre Mutter und beruhigt sich erst wieder, wenn die Mutter ihre Jacke wieder auszieht und zu Hause bleibt oder Nadine mitnimmt.


Aus: Rosner, Rita (Hrsg.) (2006): Psychotherapieführer Kinder und Jugendliche.  Seelische Störungen und ihre Behandlung. Verlag C.H. Beck oHG.

Geschichte Isolde

 

Depressionen

Isolde, 14 Jahre alt, Gymnasialschülerin, macht seit Wochen einen sehr unglücklichen Eindruck und ihre Schulleistungen sind unüblich schlecht geworden. Von einer aufmerksamen Lehrerin wird ihr ein Gespräch mit der in ihrer Schule als Schülerberaterin  tätigen Psychologin vermittelt, was sie nach kurzem Zögern schließlich auch annimmt. Dort berichtet sie, dass sie sich in letzter Zeit oft elend fühle, dass ihr ständig zum Weinen zumute sei. Sie sei müde und erschöpft und habe eigentlich keine Kraft mehr, weder für die Erledigung ihrer schulischen Hausaufgaben noch für ihre Freizeitaktivitäten. Sogar bei einfachen Haushaltstätigkeiten fühle sie sich schon überfordert. Auch sei sie sehr einsam, habe keine Freundinnen, keinen Freund und überhaupt niemanden, mit dem sie über ihre Probleme reden könne. Sie habe auch keine Hoffnung, dass sich die Lage bessern könne, und denke manchmal, dass es für sie wohl besser sei, sie würde nicht mehr existieren.
Ihr Vater, angelernter Arbeiter, ist zurzeit arbeitslos. Ihm wurde nach mehreren längeren Krankenständen gekündigt. Die Mutter, ursprünglich Verkäuferin, arbeitet zurzeit als Pflegehelferin und ist erst vor kurzem wieder zu ihrer Familie zurückgekehrt. Im Zuge der Umschulung zu ihrem neuen Beruf war sie im Vorjahr zu einem Kollegen gezogen und hatte ihre Familie verlassen. Der Vater war daraufhin in eine schwere Depression gestürzt und musste für einige Zeit sogar stationär in der Nervenklinik behandelt werden, was seine Arbeitsunfähigkeit verursacht hatte. Während der Abwesenheit der Mutter hatte Isolde den Haushalt geführt und außerdem noch für ihre zwei Jahre jüngere Schwester gesorgt, die sie auch jetzt noch an den Nachmittagen versorgen muss. Die Schwester ist leicht geistig behindert und fällt durch extreme Wutanfälle und sowohl durch verbales,  wie auch körperlich aggressives Verhalten auf.
Isolde berichtet, dass sie sich mit zunehmendem Alter der Schwester immer mehr vor ihr zu fürchten beginne,  weil sie ihr nun körperlich kaum mehr gewachsen sei. Jedenfalls könne sie wegen ihrer Verpflichtungen am Nachmittag die Wohnung nicht verlassen. Freundinnen will sie unter den gegebenen Umständen nicht nach Hause mitnehmen, sie würden von der Schwester ohnehin nur gequält werden. Sowohl für den Vater wie auch für ihre Mutter ist Isolde die wichtigste Ansprechpartnerin bezüglich ihrer ehelichen Probleme. Daher fühlt sie sich auch für die Ehe ihrer Eltern in gewissem Maße mitverantwortlich. Für ihre behinderte Schwester meint sie ohnehin ein Leben lang verantwortlich zu sein und zu bleiben.


Aus: Rosner, Rita (Hrsg.) (2006): Psychotherapieführer Kinder und Jugendliche.  Seelische Störungen und ihre Behandlung. Verlag C.H. Beck oHG.

Geschichte Mia
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